Dortmund-Lindenhorst, ca. 1923
Die wenigen mir vorliegenden Quellen zeigten, dass Adolf Löwenhardt und Julia ten Brink aus Denekamp höchstwahrscheinlich im Sommer 1912 in den Niederlanden heirateten. Sie zogen in die Lindenhorster Straße 235, die dem Lebensmittelhändler nebenan, Hermann Kleeblatt (geboren in Lütgeneder am 12. September 1874) gehörte. Lütgeneder war auch der Geburtsort von Julias Mutter Hannchen ten Brink-Kleeblatt, Hermanns Nichte.
Heinz (rechts mit Mütze), der älteste der Löwenhardt Brüder, wurde im Sommer 1913 geboren. Zwei Wochen vor seinem ersten Geburtstag wurde sein Vater zur deutschen Armee eingezogen. In den folgenden drei Kriegsjahren kümmerte sich Julia alleine um den kleinen Sohn und die Metzgerei – vermutlich mit Hilfe des Metzgerlehrlings. Im Juni 1917 kehrte Adolf als Kriegsveteran mit einer 30%-igen Behinderung aus Lorraine zurück.
Sein zweiter Sohn, Werner, wurde mehr als zwei Jahre später geboren – auf dem Foto steht er vor seiner Mutter, die eine Schürze trägt. Beide Brüder besuchten die Volksschule gegenüber ihres Hauses, in der sie von Fräulein Ehrlinghaus unterrichtet wurden.
Julias Mutter Hannchen starb im Oktober 1930 in Denekamp. In dieser Zeit, zu Beginn des Jahrzehnts, fiel der Umsatz der Löwenhardt-Metzgerei wegen der Wirtschaftskrise um rund 25 Prozent pro Jahr. Wenig später begannen die Nationalsozialisten mit einer Hetz- und Enteignungskampagne gegen jüdische Einzelhändler. Im August desselben Jahres wurde Adolf gezwungen seine Metzgerei an einen „Arier“ zu verkaufen. Seines Geschäfts beraubt, musste er seinen Lebensunterhalt auf dem Dortmunder Schlachthof verdienen. Drei Jahre später flohen Adolf und Julia in die Niederlande, über die gleiche Route wie bereits zuvor ihre Söhne.
Im Jahr 2008 wurden zwei Stolpersteine zu Füßen des kleinen Werner verlegt. Weder Adolf noch Julia überlebten die Shoa.
[Die Identität des Jungen links auf den Stufen ist unbekannt]
Übersetzt von Mareike Otters